Experteninterview – „Bei Umbau auf den Elektromotor fallen viel weniger Materialien an, die schadstoffbehaftet sind“

Experteninterview – 09. August 2022

Gebrauchtwagen mit Verbrennermotor lassen sich auf Elektroantrieb umrüsten. Heiko Fleck aus Niederbayern hat sich mit seinem Unternehmen darauf spezialisiert. Das kann bei der Energiewende helfen.

Wie genau läuft eine Umrüstung ab und wie groß ist der Aufwand?

Die einfachste Möglichkeit der Umrüstung ist, den Elektromotor ans Getriebe anzuflanschen. Dadurch bleiben wir in einem Spannungssystem, das viel ungefährlicher ist als das 400-Volt-System oder jetzt schon 800-Volt-System, das Autohersteller verbauen. Wir liegen bei 48 bis 144 Volt, erreichen dadurch nicht diese hohen Drehzahlen. Dadurch sind wir recht frei in der Art und Weise wie wir anfahren. Beispielsweise kann ein VW Golf oder Ford Focus problemlos im dritten Gang gefahren werden und erst auf der Autobahn schaltet man in den vierten oder fünften Gang.

Also bleibt das Getriebe drin?

Ja, das Getriebe bleibt drin, allerdings hat man bei elektrischen Serienfahrzeugen auch ein Getriebe. Durch ein 1-Gang-Getriebe wird die Motorendrehzahl nochmal untersetzt. Es ist ein Differenzial mit eingebaut und so können die hohen Drehzahlen zwischen 12.000 und bei Tesla sogar 18.000 Umdrehungen erreicht werden.

Welche Komponenten kommen außer dem Motor noch alles beim Umrüsten raus?

Der Tank, der Auspuff und der Katalysator. Im Prinzip ist ein Elektromotor relativ einfach aufgebaut, trotzdem so komplex um diese Effektivität zu erzielen. Es gibt aber natürlich auch in dieser Branche Elektromotoren mit höherem und niedrigerem Wirkungsgrad. Je nach Hersteller.

Was kostet ein Umbau?

Bei einem Fiat 500 Klassik liegen wir beim Material inklusive der Steuer bei 11.000 Euro. Das beinhaltet dann den Motor, die Steuerung, den Kabelsatz, einen DC-DC Wandler der als Lichtmaschine fungiert, die Heizung, das Ladegerät, das Batteriemanagementsystem und eine Typ2-Ladedose um das Fahrzeug laden zu können zuzüglich einem Adapter um den Motor an das Getriebe anzubringen. Dazu kommen natürlich noch die Arbeitszeit und die TÜV-Abnahme mit ungefähr 7.000 Euro inklusive der Mehrwertsteuer.
Auf The smarter E Europe in München haben wir z. B. einen umgerüsteten VW T1 ausgestellt. Da lag der Preis für das Material mit einer Batteriekapazität von 20 Kilowattstunden bei 17.500 Euro. Die Batteriekapazität ist erweiterbar auf bis zu 60 Kilowattstunden. Der Verbrauch liegt ungefähr bei 15 bis 20 Kilowattstunden pro 100 Kilometer. So kann man sich gleich ausrechnen, wie weit der Wagen kommt.

Ist die Umrüstung auf Elektro wirtschaftlich sinnvoll oder ist das eher etwas für Oldtimer-Liebhaber?

Wirtschaftlichkeit ist nicht das Vordergründige beim Kunden. Es geht vielmehr um die Emotionen beim Fahren mit einem Elektroauto. Wenn man diese Emotionen mit dem Fahrzeug seiner Wahl verbinden kann, ist das für den Kunden ein Highlight und er ist bereit viel Geld zu investieren. Wenn dann die Wirtschaftlichkeit noch ein weiterer Faktor ist – beispielsweise, weil man sein altes Auto nicht verschrotten muss sondern zu neuem Leben erwecken kann - ist es natürlich umso besser.

Wie sinnvoll ist der Umbau unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit?

Die meisten Motoren werden verkauft, von einem alten VW-Bus beispielsweise ist der Motor heiß begehrt. Bei Umbau auf den Elektromotor fallen natürlich viel weniger Materialien an, die schadstoffbehaftet sind. Später entfällt der Ölwechsel und man hat auch keinen Bremsstaubabrieb mehr, weil über den Elektromotor gebremst wird. Man fährt mit einem besseren Gewissen als mit einem Verbrenner.

Wie groß ist der Markt von Anbietern für die Umrüstung von Verbrennerfahrzeugen auf Elektro?

Zu Beginn, als ich mit dem Umrüsten angefangen habe, war ich einer von ganz wenigen. Mittlerweile gibt es etliche, die auf den Zug mit aufgesprungen sind. In diesem Bereich erleben wir einen hohen Zulauf. Das brauchen wir auch, denn die Anfragen steigen stetig. Definitiv ist das ein Wachstumsmarkt. Wenn Fahrzeuge wie z.B. Oldtimer aus den Städten verbannt werden sollen stünden sie ohne Umrüstung nur in der Garage und wären nicht im Alltag nutzbar.

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