Experteninterview – Elektromobilität in Flotten

Experteninterview – 22. Februar 2022

Heiko Luft, Leiter Fuhrparkmanagement der EnBW, verrät, wie eine erfolgreiche Integration von Elektrofahrzeugen in die Firmenflotte gelingen kann.

Nicht jeder der 24.000 MitarbeiterInnen bei der EnBW besitzt ein Flottenfahrzeug. Um wieviele Fahrzeuge genau handelt es sich?

Aktuell gibt es rund 5.500 Objekte im Konzern. Objekte deshalb, weil hierzu auch Anhänger oder Sonderaggregate zählen. Die reine PKW-Flotte besteht aus ca. 4.500 – 5.000 Pkw´s, Betriebsfahrzeugen und Kleintransporter.

Wie hoch ist davon der Anteil an Elektrofahrzeugen?

Mittlerweile fahren rund 35% der PKW´s elektrisch, und 1.200 Elektrofahrzeuge sind aktuell insgesamt im Einsatz.

Wann hat die EnBW angefangen, die Fahrzeugflotte umzustellen?

Mitte 2017 haben wir das Thema Elektromobilität als klaren Strategiepunkt gesetzt. Die große Frage am Anfang war die der Erstbeschaffung: Elektrofahrzeuge oder Ladeinfrastruktur? Die Entscheidung fiel schnell auf die Ladeinfrastruktur und bis Ende 2017 wurde die Installation von rund 750 Ladestationen innerhalb des Konzerns realisiert.

Wie haben Sie Ihre Mitarbeiter überzeugen können, auf Elektromobilität umzusteigen?

In den Jahren 2018/2019 musste noch sehr viel Überzeugungsarbeit geleistet werden. Seit diesem Jahr ist das schon deutlich weniger. Je mehr Elektrofahrzeuge auf den Straßen zu sehen sind, desto mehr Bewegung und Dynamik gibt es in der Kommunikation und Diskussion rund um das Thema Elektromobilität. Gerade am Anfang waren die häufigsten Argumente und Diskussionspunkte die der Ladeinfrastruktur außerhalb des Konzerns oder Fahrten in den Urlaub. Mittlerweile gibt es in diesen Bereichen so gut wie keine Einschränkungen mehr.

Anfang 2017 wurde noch nicht im großen Stil über Elektrofahrzeuge geredet. Was hat denn die EnBW dazu bewogen, diesen Schritt zu gehen?

Die EnBW hat in den letzten Jahren einen Wandel vom klassischen Energieversorger hin zu einem Infrastrukturpartner durchlebt. Der Fokus des Unternehmens liegt im Bereich der Nachhaltigkeit und durch den Umstieg auf Elektromoibilität wird ein Beitrag zu diesem Thema geleistet. Dieser Weg wird auch weiterhin stringet gegangen, damit die EnBW DER Vorreiter in Sachen Elektromobilität in der Unternehmensflotte sein wird.

Als Vorreiter können Sie Ihre Erfahrungen mit anderen Unternehmen teilen, die ebenfalls ihre Firmenflotte elektrifizieren wollen. Was können andere von Ihren Erfahrungen lernen? Was waren die größten Herausforderungen und wo gab es bei der Umstellung die meisten Schwierigkeiten?

Ein ganz wesentlicher Punkt war, dass wir die Infrastruktur relativ schnell geschaffen haben. Das würde ich auch jedem Unternehmen empfehlen: Schafft intern Ladeinfrastruktur so viel wie möglich, so schnell wie möglich. Nur dadurch, verbunden mit Parkplätzen und Ladeoptionen schafft man den Weg, den Mitarbeiter dahingehend zu motivieren, sich ein Elektrofahrzeug zuzulegen, dass er auch auf dem Firmengelände laden kann.

Das war ein ganz entscheidender Punkt. Wir haben 57 Ladepunkte an über 100 Standorten errichtet. Somit können die KollegInnen, egal wo sie bei der EnBW sind, ihr Fahrzeug laden. Der zweite Punkt aus meiner Sicht ist, Multiplikatoren zu schaffen. Der Flottenmanager muss auf Mitarbeiter zugehen und ihnen das Angebot machen, ein Elektrofahrzeug testweise in einem festgelegten Zeitraum zu fahren. Im Gegenzug dazu berichtet der Testfahrer im Intranet, in den internen Medien über sein Fahrerlebnis. So wird dieses Thema immer im Gespräch sein. Das sind die beiden wesentlichen Punkte die man schaffen muss.

Die Reichweitenangst war 2017 auch noch größer als heute. Grundsätzlich hat sich da einiges getan. Ist das ein Problem, das man bei den Menschen überwinden muss?

Diese Diskussion habe ich jede Woche mindestens zweimal mit Dienstwagennutzern, aber auch mit Nutzern von Firmen-oder Mitarbeiterfahrzeugen. Die häufigsten Fragen sind die nach der Reichweite und die nach Ladepunkten. Bei Sorgen stehen zu bleiben oder keine Ladesäule zu finden, schicke ich die Mitarbeiter zu Kollegen, die bereits ein E-Auto fahren. Ich kann auch von meinen Erfahrungen berichten. Man muss diese Angst nehmen. Es hilft auch, dem Mitarbeiter das Angebot zu machen, 5 Tage auf Kosten der EnBW ein E-Auto zu testen. Der Großteil derer, die das Fahrzeug genutzt haben, wollen nicht mehr von einem E-Fahrzeug weg. Das ruhige Fahren auch auf Autobahnen, das entspannte Fahren und der Kampf um jeden Kilometer im Auto entschleunigt das Ganze.

Die EnBW hat Deutschlands größtes Schnellladenetz. Insofern gab es da bestimmt auch Synergien und Vorteile, die andere Unternehmen nicht haben. Kann man das so sehen, oder denken Sie, dass das ein Modell ist, das Großunternehmen grundsätzlich so umsetzen könnten und sollten?

Der Konzern EnBW hat die Ausrichtung, extern große Ladeparks wie z.B. am Kamener Kreuz oder in Unterhaching zu bauen. Somit entsteht intern eine gewisse Dynamik, auch ein E-Fahrzeug fahren zu wollen, dass man an unternehmenseigenen externen und internen Ladepunkten laden kann. Egal welches Unternehmen das Thema Elektromobilität als Unternehmensmobilität diskutiert, es ist möglich den Weg zu gehen. Denn die Infrastruktur ist da, sie wird von uns geschaffen. Jede Firma müsste eigentlich eine EnBW mobility+ -Karte in Ihren Dienstwagen liegen haben.

Ein Hauptaspekt bei diesem Betreiben ist natürlich der Klimaschutz. Lässt sich der Klimavorteil einer Fahrzeugflotte wirklich messen. Wieviel CO2 spart die EnBW durch die neue Flotte bis jetzt schon jährlich ein?

Bei dem Vergleich eines Passat Diesel mit 150 Gramm CO2 und einem ID4 mit 0 Gramm CO2-Ausstoß sparen wir ca. 36 Gramm CO2 im Jahr pro Fahrzeug. Hochgerechnet auf die gesamte Fahrzeugflotte der EnBW, inklusive Dienstwagen, Betriebsfahrzeuge und Pool-Fahrzeuge ergibt das ein Wert von über 100 Tonnen CO2 pro Jahr, die bei einer kurzfristigen Umstellung auf voll-elektrisch eingespart werden könnten.

Wie lange wird denn der Austauschprozess bei Ihnen dauern?

Durch den frühen Beginn der Umstellung auf voll-elektrisch und hybrid gehen wir davon aus, dass spätestens zum 01.01.2024 alle PkW-Bereiche voll-elektrisch sind. Erst müssen die bestehenden Leasingverträge auslaufen. 2024 ist die PkW-Flotte voll-elektrisch.

Natürlich sind Unternehmen auch aus Image-Gründen am Klimaschutz interessiert. Vor allem liegt das Interesse auf der wirtschaftlichen Seite. Häufig sind die E-Fahrzeuge jedoch teurer. Lässt es sich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten trotzdem verantworten, eine Flotte umzustellen und kann sich das jeder leisten?

Es gibt verschiedene Portale, die den Vergleich unter Berücksichtigung z.B. der Total Cost of Ownership zwischen E-Fahrzeugen und reinen Benzinern anstellen. Ich behaupte, dass ein E-Fahrzeug aktuell mit den verschiedenen Prämien wie z.B. der Kaufprämie, dem finanziellen Anreiz, der Versteuerung, der KfZ-Steuer usw. aus Unternehmersicht nicht teurer ist als ein Verbrenner.

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