Elektrotrucks im Alltag – Erfahrungen und Marktchancen

Experteninterview – 13.06.2025

Megawatt Charging für Elektrotrucks war eines der großen Themen der Power2Drive Europe 2025. Es gibt bereits Fahrer, die ausschließlich elektrisch fahren, und dabei interessante Erfahrungen sammeln. Tobias Wagner ist einer dieser Fahrer.

Interview mit Tobias Wagner

Herr Wagner, wie war Ihr Einstieg als Elektrotrucker?

Ich bin Quereinsteiger und habe im Rahmen meiner Ausbildung ausschließlich auf Diesel-Lkw gelernt. Danach habe ich mir gezielt eine Spedition gesucht, die mir das elektrische Fahren ermöglichte. In der Ausbildung wurden Elektroantriebe weder praktisch noch theoretisch behandelt. Das Thema alternative Antriebe kommt in der Fahrschule kaum vor, obwohl es dringend nötig wäre – insbesondere die Reichweitenplanung oder der Umgang mit der Ladeinfrastruktur sollten Teil der Grundqualifikation sein.

Wie unterscheidet sich das Fahrverhalten im Elektro-Lkw?

Deutlich. Durch das Ein-Gang-Getriebe entfällt das Schalten komplett. Die Leistungsentfaltung ist konstant – mein Fahrzeug hat 1.069 PS, stärker als jeder Serien-V8-Diesel. Das bedeutet souveränes Fahren in jeder Situation. Auch bergauf gibt es kaum Leistungseinbußen. Ich fahre konstant mit 80 km/h, bei 90 km/h ist das Fahrzeug abgeregelt. Durch die gleichmäßige Kraftübertragung wird das Fahren sicherer und komfortabler.

Wie sieht Ihr Fahrprofil im Fernverkehr aus?

Ich fahre international im Fernverkehr, meist 650 bis 750 km pro Tag – mehr lässt die gesetzliche Lenkzeit ohnehin nicht zu. Damit liegt die Tagesleistung auf dem Niveau von Diesel-Lkw. Der entscheidende Unterschied liegt in der Ladeplanung: Ich lade während der gesetzlichen Ruhezeiten, in der Regel 45 Minuten nach viereinhalb Stunden Fahrt sowie nachts.

Welche Ladeinfrastruktur nutzen Sie?

Ich lade hauptsächlich an HPC-Ladestationen mit 300 bis 400 kW, oft entlang der Autobahnen. Diese Ladeleistung reicht, um in der Pause genug Energie für die zweite Tageshälfte nachzuladen. Mein Akku hat 738 kWh brutto, davon sind 550 kWh nutzbar – das ergibt eine Reichweite von etwa 500 km, abhängig von Ladung und Aerodynamik. Nur in Ausnahmefällen nutze ich Pkw-Ladesäulen.

Gibt es Herausforderungen bei der Ladevorgang-Planung?

Ja. Das größte Problem ist aktuell die gesetzliche Regelung: Wenn ich den Lkw nach dem Laden umparke, beginnt die Ruhezeit von neuem. Gleichzeitig will man den Lkw nicht elf Stunden an einer Ladesäule stehen lassen und anderen den Platz wegnehmen. Es braucht hier dringend eine Lösung des Gesetzgebers. Damit ich nicht den Ruheplatz während des Ladens verliere, sattle ich abends oft den Auflieger ab und lade nur mit der Zugmaschine.

Welche Unterschiede gibt es beim Verschleiß und der Wartung?

Der Elektro-Lkw rekuperiert stark – auch bei vollem Zuggewicht und bis zu acht Prozent Gefälle. Das senkt den Bremsverschleiß erheblich. Ölwechsel entfallen komplett. Insgesamt ist der Wartungsaufwand geringer, was sich auch langfristig in den Betriebskosten niederschlägt.

Wie schätzen Sie die Marktentwicklung ein?

Der Umstieg ist in vollem Gange. Die Anschaffungskosten sinken deutlich – seit dem Wegfall der Förderung sind die Preise um bis zu 200.000 Euro gefallen. Die meisten Speditionen haben die Wirtschaftlichkeit längst durchgerechnet. E-Lkw lohnen sich – besonders bei hoher Auslastung.

Profitieren Sie durch den Antrieb bei der Auftragsvergabe?

Ja, einige Auftraggeber bevorzugen uns gezielt, weil wir CO₂-frei fahren – zum selben Transportpreis wie ein Diesel. Wir kosten das gleiche und fahren grüner.

Wie ist die Resonanz aus der Branche?

Sehr hoch. Über meinen YouTube-Kanal tausche ich mich mit Fahrern und Speditionen aus. Viele sind Fahrer sind noch skeptisch – wer jedoch selbst testet, ist meistens schnell überzeugt. Und letztlich entscheidet der Spediteur, und der hat das längst berechnet.

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