„Unsere integrierte Lösung ist recht ungewöhnlich“

Start-up Interview – 24. April 2024

Angetreten, um die Energiewende einfacher zu machen: das Team von Enfasys

Das spanische Start-up Enfasys hat eine integrierte Hardware-Software-Lösung entwickelt, mit der sich hybride Installationen aus Anlagen zur Stromerzeugung aus Erneuerbaren und Speichertechnologien, aber auch flexible Lasten einfach monitoren und steuern lassen. Zu seinen Kunden gehören unter anderem Systemintegratoren, EPC-Unternehmen, Aggregatoren und Energieversorger. Erfahren Sie im Interview, was die Plattformlösung besonders macht.

Start-up-Interview mit Nuno Taveira, CEO bei Enfasys

Wie wurde ENFASYS gegründet?

ENFASYS ist Ende 2019 als Spin-off der Universität Oviedo entstanden. Es hatte seinen Ursprung in der multidisziplinären Forschungsgruppe LEMUR, die Gebiete wie Elektrotechnik, Leistungselektronik und Automatisierungs- und Steuerungstechnik umfasst. Die Gründer des Unternehmens waren und sind Teil dieser Forschungsgruppe. In mehreren Forschungsprojekten arbeiteten sie mit spanischen Unternehmen zusammen, die an der Entwicklung von Steuerungssystemen für Lithium-Ionen-Batterien für industrielle Anwendungen interessiert waren.

ENFASYS wurde dann gegründet, um einen einfachen Weg zu finden, hybride Installationen von erneuerbaren Erzeugungs- und Speichertechnologien mit einer integrierten Hardware- und Softwarelösung zu verwalten. Ein "hybrides System" bezieht sich in diesem Zusammenhang auf dezentrale Erzeuger, wie zum Beispiel eine PV-Anlage und ein Energiespeicher mit Lithium-Ionen-Batterien – im einfachsten Fall. Bei komplizierteren Installationen kann das hybride System auch Windturbinen, Wasserstofferzeugung oder andere Speichertechnologien umfassen. Unser Ziel war es, alle Anlagen nicht nur zu überwachen, sondern aktiv zu steuern. Im Jahr 2021 haben wir dann unsere Plattformlösung vorgestellt.

Sie sagen, dass die Idee für die Produktentwicklung von Unternehmen kam. Wer sind heute Ihre typischen Kunden?

Unsere Kunden finden sich in verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette im Strommarkt. Systemintegratoren und EPCs nutzen unsere Lösungen als B2B-Modell. Die Anwendung sind in der Regel Hybridanlagen für den Eigenverbrauch in der Industrie, also Behind-the-meter-Lösungen. Auch Aggregatoren und Dienstleister, die Energiegemeinschaften für Privathaushalte und Unternehmen verwalten, setzen unsere Lösung ein. In diesen Systemen sind neben dezentraler Erzeugung und Speicherung auch flexible Lasten wie Ladegeräte für Elektrofahrzeuge vorhanden. Es gibt auch Front-of-the-Meter-Anwendungen, die Kunden sind dann große Energieversorgungsunternehmen.

Enfyo fungiert als Anlagensteuerung und ermöglicht es, Erzeugungs- und Speichersysteme zu überwachen und zu steuern.

Eine Herausforderung für ein "einfaches" Energiemanagement ist, dass man immer irgendeine Art von Hardware vor Ort benötigt. Welche Produkte müssen Ihre Kunden installieren, damit Ihre Lösung funktioniert?

Wir haben eine Architektur mit dem Namen ENFYO entwickelt, die sich durch einen dezentralen Steuerungsansatz in Anlagen ganz unterschiedlicher Größe integrieren lässt. Die Gesamtgröße der Erzeugungsanlage kann von wenigen Kilowatt bis zu Dutzenden von Megawatt variieren. Das ENFYO wird über gängige Kommunikationsanbindungen mit den lokalen Anlagen verknüpft, in der Regel per Modbus/TCP, aber auch andere Möglichkeiten kommen in Betracht. Wir bezeichnen dieses Konzept gerne als Energierouter.

Diese integrierte Lösung ist recht ungewöhnlich und macht uns zu einem One-Stop-Shop: Sie können das gesamte System kaufen und es direkt in Betrieb nehmen. Dieser einfache Ansatz reduziert die Inbetriebnahmezeit um etwa 50% im Vergleich zu anderen auf dem Markt erhältlichen Lösungen.

Um mit den Komponenten zu kommunizieren, verwendet ENFYO internationale Standards, wie IEEE 1547-2018 und IEEE 2030.5. Aber nicht alle Komponenten stellen alle Arten von Informationen über standardisierte Schnittstellen zur Verfügung. Deshalb arbeiten wir auch mit den führenden Herstellern von Wechselrichtern, Batterien und anderen Anlagen zusammen, um sicherzustellen, dass alles reibungslos zusammenarbeitet. Für unsere Kunden bedeutet das, dass sie bei der Wahl ihrer PV-Paneele, Batterien usw. flexibel sind, da unsere Lösung die Überwachung und Verwaltung des gesamten Systems übernimmt.

Wie viel Energie können die Anwender einsparen?

Der Kunde hat verschiedene Vorteile durch das aktive Energiemanagement. Zum einen kann er den Energieverbrauch aus dem Netz um bis zu 30% senken und damit Geld sparen. Außerdem kann es die Batteriezyklen um 25% reduzieren, was zu einer bis zu 35% längeren Lebensdauer der Batterie führt.

In der Cloud können Anwender auf die Daten aller Geräte zugreifen, Datenanalysen durchführen und den Betrieb ihrer Anlagen optimieren.

Sie verwenden eine cloudbasierte Lösung. Wie wirkt sich das auf die Reaktionszeit und die Datensicherheit aus?

Tatsächlich findet nicht die gesamte Berechnung in der Cloud statt. Unsere gemischte Edge-/Cloud-Lösung ermöglicht es, einen Ansatz zu implementieren, der schnell ist, wenn es darauf ankommt, und zugleich die hohe Rechenleistung der Cloud nutzen kann. Dies wird durch eine verteilte Architektur erreicht, die beide Welten miteinander verbindet. Die Edge-Geräte erreichen Abtastzeiten von deutlich unter einer halben Sekunde, was eine ultraschnelle Reaktion für ein sekundäres Kontrollsystem von unter 2 Sekunden ermöglicht, zum Beispiel für Peak Shaving. Es ist anzumerken, dass alle Edge-Geräte durch eine spezielle Kommunikationssynchronisation gleichzeitig Befehle geben können. In der Cloud werden High-Level-Algorithmen zur Vorhersage, Optimierung und Marktintegration ausgeführt.

Die Sicherheit wird auf den Edge-Geräten durch den Einsatz von SELinux, Linux-Version mit erhöhtem Sicherheitslevel, sowie durch verschlüsselte Verbindungen erreicht. Unser gesamter Software-Stack, sowohl am Edge als auch in der Cloud, basiert auf einem containerbasierten Ansatz, der auch den Sicherheitsbedenken der Energieunternehmen Rechnung trägt. Alle unsere Cloud-Dienste werden in Europa gehostet. Auch in unseren Routern verwenden wir, wo immer möglich, Komponenten aus der "westlichen" Welt.

Was sind Ihre nächsten Schritte?

Wir haben gerade die Finanzierungsrunden abgeschlossen und sind nun bereit, unser Geschäft zu erweitern. Bisher waren alle unsere Projekte auf der Iberischen Halbinsel angesiedelt, aber wir streben auch andere europäische Märkte an. Deutschland und das Vereinigte Königreich sind in unseren Plänen für Ende 2024 und 2025 vorgesehen.

Außerdem wollen wir Dienstleistungen anbieten, die das Energiemanagement behind the meter mit dem Netz und dem Markt verbinden. Durch die Integration von Wettervorhersagen und dynamischen Energiepreisen werden unsere Kunden einen zusätzlichen Nutzen aus unserem System ziehen können. Es könnte sogar eine direkte Schnittstelle zur Teilnahme an den Energiemärkten geben. Mittel- und langfristig wollen wir weiterwachsen und unsere Lösungen auf verschiedenen Kontinenten, wie Südamerika, Nordamerika und Afrika, vermarkten.

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