Europas erstes Vehicle-2-Grid Carsharing System: Niederlande zeigt, wie Energie und Mobilität zusammenfinden

Branchenneuigkeit – 4. November 2025

V2G carsharing in Utrecht © VAN DER VAART, Jeffrey

Im niederländischen Utrecht startet in diesem Jahr Europas erstes umfassendes Vehicle-to-Grid (V2G) Carsharing-System. Utrecht Energized beweist, dass bidirektionales Laden nicht nur in Pilotprojekten, sondern auch im urbanen Alltag funktionieren kann. Das Projekt markiert einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zu einem voll funktionsfähigen V2G-Ökosystem.

Ziel ist es, das lokale Stromnetz zu stabilisieren und den Bewohnerinnen und Bewohnern gleichzeitig eine bezahlbare sowie nachhaltige Mobilitätslösung zu bieten. Damit wird Utrecht zum europäischen Vorreiter für die Integration von Elektromobilität und Energienetzen.

Utrecht Energized ist eine gemeinsame Initiative von Renault Group, We Drive Solar, MyWheels und der Gemeinde Utrecht. Seit Juni 2025 ist das System offiziell in Betrieb. Zum Einsatz kommen zunächst 50 Renault 5 E-Tech Elektrofahrzeuge, ausgestattet mit der bidirektionalen Mobilize-Technologie. Diese können nicht nur Strom aus dem Netz beziehen, sondern bei Bedarf auch Energie zurückspeisen und genau dies ist der entscheidende Schritt zur Flexibilisierung des Energiesystems.

Die Ladeinfrastruktur stammt vom niederländischen Anbieter We Drive Solar, der in Utrecht bereits über Jahre hinweg ein dichtes Netz an V2G-fähigen AC-Ladepunkten aufgebaut hat. Diese Stationen lassen sich in bestehende urbane Netze integrieren und sind mit lokalen Photovoltaikanlagen gekoppelt. Überschüssiger Solarstrom kann so direkt in die Fahrzeugbatterien fließen, während die gespeicherte Energie in Zeiten hoher Netzlast wieder abgegeben wird.

Angekündigt wurde das Projekt bereits im November 2024. Perspektivisch soll die Flotte auf bis zu 500 Fahrzeuge erweitert werden. Laut We Drive Solar könnten diese Fahrzeuge künftig bis zu zehn Prozent der Flexibilität bereitstellen, die nötig ist, um Angebot und Nachfrage im regionalen Stromnetz von Utrecht auszubalancieren.

Mit dem Start von Utrecht Energized entsteht ein funktionierendes Reallabor für das Zusammenspiel von Mobilität, Stromnetz und erneuerbaren Energien. Durch das bidirektionale Laden können Elektrofahrzeuge gezielt dann laden, wenn viel Solarstrom zur Verfügung steht, und diesen bei Spitzenlasten wieder einspeisen. Auf diese Weise werden lokale Netze entlastet und Stromüberschüsse effizient genutzt.

Das Projekt erzielt dabei mehrere zentrale Effekte:

  • Stabilisierung des lokalen Stromnetzes, indem Fahrzeuge kurzfristig Energie bereitstellen oder aufnehmen.
  • Effizientere Nutzung erneuerbarer Energien, da Solarstrom lokal gespeichert und bedarfsgerecht zurückgespeist wird.
  • Senkung des städtischen Energieverbrauchs, weil weniger Lastspitzen ausgeglichen und teure Reservekapazitäten vermieden werden.
  • Erhöhung der Wirtschaftlichkeit von Carsharing-Flotten, da Einnahmen nicht nur durch Mobilität, sondern auch durch Netzdienstleistungen erzielt werden können.


Die Stadt Utrecht bietet dafür ideale Voraussetzungen: Bereits rund 35 Prozent der Dachflächen sind mit Solarmodulen ausgestattet. Das Carsharing-System fügt sich nahtlos in diese Struktur ein und macht den lokal erzeugten Strom nutzbar.

Das Projekt in Utrecht zeigt, wie bidirektionales Laden auch in anderen Städten funktionieren kann. Entscheidend ist wohl die enge Zusammenarbeit zwischen Fahrzeughersteller, Energieversorger, Ladeinfrastrukturbetreiber und Mobilitätsdienstleister, denn die Bedingungen können sehr unterschiedlich sein. Das Projekt Utrecht Energized liefert damit eine Blaupause für urbane Regionen, in denen Carsharing, Photovoltaik und Netzstabilisierung zusammengeführt werden.

Damit solche Systeme künftig flächendeckend umgesetzt werden können, braucht es jedoch passende regulatorische Rahmenbedingungen. Themen wie Vergütung der Rückspeisung, Netzentgelte und der Zugang zum Strommarkt spielen eine zentrale Rolle. Utrecht fordert in diesem Zusammenhang gezielt politische Unterstützung, um bidirektionale Konzepte auf nationaler Ebene zu etablieren.

Der zentrale Gedanke von bidirektionalem Laden ist die doppelte Nutzung von Carsharing-Fahrzeugen: Sie dienen der individuellen Mobilität und gleichzeitig als flexible Energiespeicher. Anstatt viele private Fahrzeuge im Stillstand zu halten, kann eine kleinere, gemeinsam genutzte Flotte den Mobilitätsbedarf einer Stadt decken – und gleichzeitig das Energiesystem stabilisieren.

Über die Zeit könnte dies auch den Bedarf an großen stationären Batteriespeichern verringern. Studien des Fraunhofer-Instituts und der Technischen Universität München zeigen, dass der flächendeckende Einsatz von V2G-fähigen Fahrzeugen den Speicherbedarf um bis zu 90 Prozent senken könnte. Utrecht liefert nun den praktischen Beweis, dass diese Vision umsetzbar ist – und dass Mobilität und Energie künftig untrennbar miteinander verbunden sind.

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