Auf der Power2Drive Europe 2025 erwies sich die Sonderschau Bidirektionalen Laden als ein absoluter Publikumsmagnet. Kein Wunder: Die Technologie gilt längst als einer der größten Hebel, um erneuerbare Energien zuverlässig in unser Stromnetz zu integrieren und gleichzeitig die Elektromobilität noch attraktiver zu machen. Doch während die Technik bereitsteht, wartet die Branche noch immer auf klare politische Rahmenbedingungen.
Die hohe Besucherfrequenz und das starke Interesse an der Sonderschau zeigten deutlich: Die Nachfrage ist längst da. Nicht nur Flottenbetreiber und Branchenprofis stellten gezielte Fragen, auch viele Privatpersonen wollten wissen, wie sie ihr Elektrofahrzeug zu Hause bidirektional nutzen können. Modelle, Preise und Verfügbarkeit waren die dominierenden Themen – vereinzelt wurde sogar konkrete Kaufberatung direkt auf der Bühne durchgeführt.
Ein Schweizer Experte, Marco Piffaretti von der Internationalen Energieagentur (TASK 53), bestätigte vor Ort das immense Potenzial der Technologie: „Bidirektionales Laden ist die Lösung, um allein beim Netzausbau in Europa bis zu 10 Milliarden Euro zu sparen – indem wir Intelligenz und Speicher statt teurem Kupfer verbauen.“
Besonders deutlich wurde, dass das Thema weit über Deutschlands Grenzen hinaus relevant ist. Besucher aus der Schweiz, Österreich und Tschechien fragten gezielt nach nationalen Regelungen. Besonders intensiv diskutiert wurde dabei die Problematik der Doppelbesteuerung, der schleppende Smart-Meter-Rollout und die uneinheitlichen regulatorischen Bedingungen in Europa.
Auch Dr. Herbert Diess, ehemaliger VW-Konzernchef, hob hervor: „Technisch sind wir bereits so weit, und Länder wie Frankreich und Großbritannien zeigen uns, dass regulatorische Hindernisse überwindbar sind. Deutschland könnte führend sein – wenn wir endlich regulatorisch aufholen.“
Vertreter aus der Politik zeigten sich auf der Sonderschau sehr interessiert und zugleich besorgt, dass Deutschland bei dieser zukunftsträchtigen Technologie hinterherhinkt.
„Es gibt eigentlich nur zwei große regulatorische Hürden“, erklärte Diess: „die doppelte Belastung durch Netzentgelte sowie die Verzögerung beim Smart-Meter-Rollout. Diese beiden Themen müssen jetzt politisch entschieden werden, damit wir endlich die vorhandene Technologie nutzen können.“
Ein technischer Höhepunkt der Sonderschau war die Debatte über AC- und DC-Laden. Stefan Hell von Compleo/Kostal erklärte: „Technisch funktioniert beides. AC-Wallboxen werden künftig sogar günstiger und massentauglich sein, mit Preisen deutlich unter 1.500 Euro. Die DC-Lösung ist universeller, aktuell aber noch etwas kostspieliger.“
Die Experten sind sich einig, dass die Preise für bidirektionale Wallboxen bald deutlich fallen werden. Erste Lösungen, die noch vor wenigen Jahren über 10.000 Euro kosteten, liegen heute bereits unter 2.500 Euro. Ähnlich wie bei der Photovoltaik und bei Batteriespeichern erwarten die Experten eine weitere Halbierung der Preise in den nächsten Jahren.
Renault bietet in Frankreich bereits den neuen elektrischen Renault 5 mit bidirektionalem Laden serienmäßig an – und zahlt Kunden Vergütungen, wenn diese ihr Fahrzeug ans Netz angeschlossen lassen. „Kunden fahren damit quasi gratis – bis zu 10.000 km pro Jahr, finanziert allein durch intelligentes Laden und Entladen“, so Herbert Diess. Ähnliche Pilotprojekte sind nun auch für Deutschland geplant, etwa das Projekt „BDL Next“ von BMW und Eon.
Die Sonderschau „Bidirektionales Laden“ machte eindrucksvoll deutlich: Die Elektromobilität hat das Potenzial, nicht nur unsere Straßen emissionsfrei zu gestalten, sondern auch das gesamte Energiesystem intelligent und flexibel zu machen. Technisch ist man bereits dort, regulatorisch muss Deutschland jetzt dringend aufholen.
Die Besucher der Power2Drive Europe 2025 zeigten jedenfalls klar: Die Nachfrage ist enorm, die Bereitschaft bei Endverbrauchern und Unternehmen groß. Jetzt braucht es nur noch klare politische Rahmenbedingungen, um das volle Potenzial des bidirektionalen Ladens endlich zu nutzen.
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